BURGHAUN. Weit über Hessen hinaus bekannt ist die Fachklinik „Neue Rhön“ bei Burghaun als eine Einrichtung für Suchterkrankungen. Davon betroffenen Menschen werden hier seit nunmehr fünf Jahrzehnten Wege in ein suchtmittelfreies, selbstbestimmendes Leben aufgezeigt.
Kurz nach den 18. Juni 1968 – in der Bundesrepublik Deutschland war die Sucht als Krankheit anerkannt worden – erwarb der Guttempler-Orden ein bis dato von der Hannover-Braunschweigischen-Stromversorgungs-Gesellschaft betriebenes Ferien- und Erholungsheim mit Parkanlage einschließlich Schwimmbecken auf dem Mahlertshof, einem oberhalb von Burghaun befindlichen ehemaligen Gutsgelände. Unter Günter Rudeck, der in der Hamburger Trinkerfürsorge und Bewährungshilfe tätiggewesen war, wurde die „Fachklinik Mahlertshof“ (Fachklinik für Männer) im Februar 1970 eröffnet. Rudeck leitete sie 22 Jahre lang mit großem Engagement. Der Gesetzbeschluss von 1968 trug dazu bei, dass sich die Einstellung der Bevölkerung gegenüber Sucht änderte. In den Augen der Gesellschaft war sie nun nicht mehr ein Problem Randständiger. Auch Akademiker, Ärzte, Piloten, Freiberufler, Unternehmer und andere zählten und zählten bis heute zum Kreis der Suchtabhängigen zählen. Männliche Personen zwischen Hamburg und Frankfurt ließen sich auf dem Mahlertshof therapieren.
1973 erwarb der Orden das inzwischen wieder veräußerte Schloss Mackenzell mit ebensolchem Behandlungsziel als Fachklinik für Frauen. 1979 kam die „Rainmühle“ bei Rothenkirchen hinzu. Sie diente sowohl für Gruppentherapien als auch „Ehemaligen“, die mit Partnern anreisen und sich hier austauschen konnten. Auch dieses Gebäude wurde wegen Reha-Kürzungen wieder veräußert. So konzentrierte man sich auf den Mahlertshof, der unter dem Namen Fachklinik „Neue Rhön“ weitergeführt wurde.
Suchtkranke Frauen und Männer schwerpunktmäßig ab dem 18. Lebensjahr, bei denen eine Abhängigkeit von Suchtmitteln (Alkohol, Medikamente, Cannabis, Crystal und andere illegale Drogen) besteht, werden hier behandelt und erhalten Unterstützung in ihrem Veränderungs- und Ausstiegsprozess. Das Therapieangebot entspricht den Leitlinien, die nach wissenschaftlich anerkannten Methoden für eine erfolgreiche Sucht-Rehabilitation erarbeitet wurden. Verfolgt wird ein geschlechtsspezifisches Behandlungskonzept. Andere Substanzstörungen finden Berücksichtigung. Zusätzliche bestehende psychische Probleme wie Depressionen sowie Angst-, Ess- und posttraumatische Belastungsstörungen, die sowohl Mitursache als auch Folge der Suchterkrankung sein können, werden ganzheitlich mit einbezogen. Im Hinblick auf mögliche körperliche Begleit- und Folgeerkrankungen der Sucht besteht eine enge Zusammenarbeit mit niedergelassenen Internisten, Neurologen und weiteren Fachärzten.
Eine Vorbereitung auf die stationäre Therapie erfolgt in den meisten Fällen durch psychosoziale Beratungs- und Behandlungsstellen sowie die verschiedenen Selbsthilfeorganisationen.
Seit Einführung des „Nahtlos-Verfahrens“ im Juli 2017 kommen vermehrt auch Patienten direkt von Entgiftungsstationen. Die Behandlungsgruppe sind nach Bevölkerungsschichten heterogen zusammengesetzt, was eine wichtige Voraussetzung für einen wirkungsvollen gruppendynamischen Prozess ist. Im Laufe der letzten Jahre wurde der qualifizierte Klinikbereich auf dem Mahlertshof ausgebaut. Auf dem Gelände, wo bereits vor vier Jahrzehnten „Indianer“ spezifische Erfahrungen sammelten, um diese als Multiplikatoren an ihren „Stamm“ weiterzuvermitteln, in dem Alkohol ein großes Problem weiterzuvermitteln, entstanden neue Gebäude mit Therapie- und Wohnräumen. So gibt es ein Haus für suchtabhängige Väter, die mit Kindern hierher kommen. Dieses kann nun auch von Frauen in Begleitung ihrer Kinder und/oder Partner genutzt werden. Während der Therapiezeiten stellt die Diakonie Fulda eine altersgemäße Kinderbetreuung sicher.