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40. bundesweite Lesung des Vereins LebKom über sein Projekt gegen weibliche Genitalverstümmelung in Kenia

Karolin, Luca, Lara-Sophie und Amelie von der Lüdertalschule in Großenlüder stimmten mit einem berührenden Tanz das Publikum in der Biebertalschule auf das Thema der nachfol-genden Lesung ein: die erfolgreiche Überwindung weiblicher Genitalverstümme

Karolin, Luca, Lara-Sophie und Amelie von der Lüdertalschule in Großenlüder stimmten mit einem berührenden Tanz das Publikum in der Biebertalschule auf das Thema der nachfol-genden Lesung ein: die erfolgreiche Überwindung weiblicher Genitalverstümmelung. Am Ende legte die „Bschneiderin“ ihr Messer für immer weg. Foto: Sandra Limpert

Mut, Wissen und Freude kontra Gewalt

HOFBIEBER/GROSSENLÜDER/HÜNFELD, 19.02.2019 -  „Ein schöner Abend.“ Diese Aussage würde man nicht unbedingt über eine Veranstaltung gegen weibliche Genitalverstümmelung (kurz FGM) erwarten – und doch war dies der Tenor nach der Lesung „Wüstenblume muss nicht sein – Die Kisii, das Wissen und der Wandel“.

Eingeladen zu dem abwechslungsreichen Programm mit Informationen, Musikbeiträgen und anschließendem Imbiss hatte die Biebertalschule in Hofbieber gemeinsam mit dem Verein “Lebendige Kommunikation“ (LebKom), der sich seit über 15 Jahren in Kenia mit seinem Fulda-Mosocho-Projekt für ein Ende von FGM einsetzt. „Wir wollen Zivilcourage zeigen, indem wir uns mit dem Thema beschäftigen“, sagte Schulleiter Ulrich Dölle. Per Videobotschaft aus Berlin bedankte sich Bundestagsabgeordneter Michael Brand bei der Schulgemeinde, dass sie nicht wegschaue angesichts des Leids von weltweit 300 Millionen betroffenen Mädchen und Frauen. Am 6. Februar hatten die Vereinten Nationen international zu „Null Toleranz gegenüber weiblicher Genitalverstümmelung“ aufgerufen.

Die Lesung war die 40. innerhalb einer bundesweiten Aktionsreihe, die mit Bundes- und hessischen  Landesmitteln gefördert wird, und die dritte im Landkreis Fulda. Bereits im Herbst hatten Veranstaltungen im Hünfelder Stadtcafé und in Großenlüder stattgefunden. Vier Schülerinnen der Lüdertalschule hatten eine Tanzimprovisation zu der Problematik kreiert, die sie nun noch einmal aufführten. Tanzpädagogin Anke Grosch betonte, dass sie es gut finde,  Gewalttätigkeit mit Bewegung und positiver Energie entgegenzutreten. Am Ende tanzten alle Anwesenden unter ihrer Anleitung zu „Spreng die Ketten“ – dem Lied des weltweiten Aktionstages „One Billion Rising“ zur Solidaritätsbekundung für weibliche Opfer von Gewalt. Auch Fulda beteiligt sich daran am 14. Februar um 12.30 Uhr auf dem Uniplatz.

LebKom gibt sich nicht damit zufrieden, auf die Menschenrechtsverletzung FGM aufmerksam zu machen, sondern möchte zeigen, wie es gelungen ist, den Brauch mit Hilfe einer psychosozialen Kommunikationsstrategie zur Gleichstellung von Mann und Frau – dem in Fulda entwickelten „Wert-zentrierten Ansatz“ – in Mosocho zu überwinden.  Inzwischen ist das Projekt auf zwei Nachbarregionen ausgeweitet worden. In den vorgetragenen Texten kamen Menschen aus den neuen Gebieten zu Wort.

Der Hofbieberer Bürgermeister Markus Röder las den Erfahrungsbericht eines Vaters vor, der durch Zufall vom Fulda-Mosocho-Projekt erfahren, sich begeistert und seine Tochter vor der Beschneidung gerettet hatte und der sich jetzt aktiv für den Schutz aller Mädchen einsetzt. Wie eine Großmutter zur Rettung ihrer Enkelinnen mutig gegen Konventionen verstieß, wurde im Vortrag von Lehrerin Sylvia Falkenhahn erzählt. Auch Schulsprecher Julian Bech übernahm einen Lesepart. Einen Ausschnitt aus dem Beststeller „Wüstenblume“ von Waris Dirie präsentierte Celina Sommer.

Claudia Wegener von LebKom, die selbst mehrere Jahre lang in Kenia für das Fulda-Mosocho-Projekt tätig gewesen war, trug den Bericht ihrer Kollegin, der langjährigen Anti-FGM-Fachkraft Kerstin Hesse, vor:  Nach dem 2001 erfolgten staatlichen Verbot der weiblichen Beschneidung hätten sich die Menschen „im Spannungsfeld zwischen gesetzlichem Auftrag und kultureller Erwartung befunden“.  Innovativ ausgerichteter Sexualkunde-Unterricht habe geholfen,  eine positive Einstellung zum weiblichen Körper zu entwickeln.  Die Schulungen für die Bevölkerung umfassen zahlreiche weitere Aspekte, beispielsweise  das gleichwertige und gewaltfreie Aufwachsen von Jungen und Mädchen.

„Mir ist bewusst geworden, wie wichtig es ist, die Männer mit ins Boot zu holen“, sagte Zuhörerin Charlotte Scholz am Ende. „Ich finde besonders beeindruckend, mit welcher Freude die Veränderung geschieht“, ergänzte Maria Dege. „Statt der Beschneidung wie früher wird nun die Unversehrtheit der Mädchen mit Musik und Tanz gefeiert.“

 

Info

Die Vorlese-Aktion ist Teil des bundesweiten entwicklungspolitischen Projektes „Weibliche Genitalverstümmelung – mehr Engagement für bedrohte Frauen und Mädchen in Afrika! Ehrenamt stärken, Jugend erreichen, Entscheidungsträger bewegen“. Einrichtungen wie Schulen, Kirchengemeinden, Büchereien oder auch Privatpersonen, die gerne eine Lesung ausrichten würden,  können sich an LebKom, Tel. 0661 /   64125, E-Mail <link>lebendige-Kommunikation@gmx.de wenden. Weitere Informationen: <link http: www.fulda-mosocho-project.com>www.fulda-mosocho-project.com

 

Allgemeine Information:

Der gemeinnützige Verein „Lebendige Kommunikation“ (LebKom) mit Sitz in Fulda engagiert sich seit über 30 Jahren für die Gleichstellung und -behandlung von Mann  und Frau. Er ist im Nachgang  zur Weltfrauenkonferenz in Nairobi entstanden, auf der die Professorin Dr. Muthgard Hinkelmann-Toewe mit Kenianerinnen Freundschaft geschlossen hatte.

An der Hochschule Fulda erarbeitete sie wissenschaftliche Grundlagen für frauenstärkende Wege der Entwicklungszusammenarbeit und setzte diese Hand in Hand mit den kenianischen Frauen und dem eigens hierfür gegründeten Verein LebKom e.V. in die Praxis um. Einen Schwerpunkt bildet hierbei das Fulda-Mosocho-Projekt, das 2002 mit finanzieller Unterstützung der EU  ins Leben gerufen wurde und das seitdem für den nachhaltigen Schutz afrikanischer Mädchen vor Genitalverstümmelung (FGM) aktiv ist. Seit 2001 in Kenia zwar gesetzlich verboten, war dieser Brauch, der international als schwere Menschenrechtsverletzung gilt, in Mosocho – der Heimat der Kisii-Ethnie – traditionell so stark verwurzelt, dass die Beschneidungsrate in dieser Region Kenias  bei 96 Prozent lag.

Durch Wissenstransfer und Schulungseinheiten,  basierend auf dem „Wert-zentrierten Ansatz“ (wie Prof. Hinkelmann-Toewe die von ihr entwickelte psychosoziale Kommunikationsstrategie zur Umsetzung der Geschlechtergerechtigkeit genannt hat), konnte bereits innerhalb weniger Jahre ein grundlegender Bewusstseinswandel in der Bevölkerung und ein Rückgang der FGM-Rate auf weit unter 20 Prozent bewirkt werden.  Dadurch blieben bislang Zehntausende Mädchen vor FGM und den daraus resultierenden  lebenslangen Einschränkungen bewahrt und sind in ihren Familien und Gemeinden nun nachhaltig sicher.

2010 stellte UNICEF das Fulda-Mosocho-Projekt in einer internationalen Studie als eines der fünf erfolgreichsten heraus, die sich in Afrika für ein Ende von weiblicher Beschneidung einsetzen. Mittlerweile ist das Projekt infolge der großen Nachfrage auf die Nachbarregionen Marani und Kisii South ausgeweitet worden. Die behördlichen Vertreter von ganz Kisii County (mit einer Einwohnerzahl von 1,2 Millionen) haben die Projektverantwortlichen im August 2018 auf einer Sondersitzung gebeten, die Arbeit nach dem Wert-Zentrierten Ansatz auf alle elf Bezirke, in denen die Kisii leben, auszuweiten.  Informationen unter www.fulda-mosocho-project.com

Die Vorlese-Aktion ist Teil des bundesweiten entwicklungspolitischen Projektes „Weibliche Genitalverstümmelung – mehr Engagement für bedrohte Frauen und Mädchen in Afrika! Ehrenamt stärken, Jugend erreichen, Entscheidungsträger bewegen“ und wird von ENGAGEMENT GLOBAL im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) und dem hessischen Wirtschaftsministerium (HMWEVL) gefördert.

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