FULDA, 22.08.2019 - Macht eine Erkrankung einen Klinikaufenthalt notwendig, werden Alltagsstrukturen abrupt unterbrochen. Für Kinder und Jugendliche bedeutet das, dass der Schulbesuch unmöglich wird. Die St. Lioba-Schule in Trägerschaft des Landkreises Fulda gibt ihnen einen Teil dieser Normalität zurück – auch wenn hier der Alltag jeden Tag neu erfunden werden muss. „Wir erleben häufig, dass sich unsere Schüler sehr auf den Unterricht freuen. Denn hier sind sie in erster Linie Schüler und nicht Patienten“, erzählt Schulleiter Tobias Jost und ergänzt: „Das zeigt uns immer wieder, wie wichtig unser Angebot ist.“
Der Hauptstandort der St. Lioba-Schule befindet sich am Herz-Jesu-Krankenhaus (HJK), angedockt an die Abteilung der Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie. Es gibt zudem Außenstellen am Klinikum Fulda, in der Tagesklinik Bad Hersfeld – hier ist Träger der Landkreis Hersfeld-Rotenburg – und in Burghaun. Die Schüler eint, dass sie Patienten des teil- und vollstationären Bereichs sind. Darunter sind Kinder, die an psychischen Erkrankungen wie Depressionen leiden oder die gestört in ihrem Sozialverhalten sind. Dazu zählen aber auch Kinder, die sich einer Krebstherapie oder Operationen unterziehen müssen. Die Schülerzahl der Einrichtung schwankt nahezu täglich. „Das bedeutet besondere, auch organisatorische Herausforderungen, aber zugleich auch eine besondere Motivation“, fasst Konrektorin Mona Trausch zusammen.
Unterrichtet werden je nach Stufe die Fächer Deutsch, Mathematik, Sachkunde und Englisch. Die fünfte Stunde gehört den Wahlpflichtfächern. Hier werden Lerninhalte der Fächer Kunst und Werken, Gesellschaftskunde, Französisch, Latein, Naturwissenschaften vermittelt, oft auch in klassenübergreifenden Projekten. Die Lerninhalte sind an die der jeweiligen Heimatschulen angepasst.
Wie sich allerdings der Unterricht in den Kleinstklassen mit maximal acht Schülern tatsächlich gestaltet, ist von vielen Faktoren bestimmt: „Die medizinische Behandlung hat etwa immer Vorrang“, erklärt Tobias Jost. So kann es sein, dass der eine Schüler über einen Telefonanruf im Klassenzimmer zur Therapie gebeten wird, während ein anderer vom Klinikpersonal zurück an seinen Schreibtisch begleitet wird. Die Erkrankung gibt zudem den Rahmen vor, in welchem Umfang das Kind, mit wie vielen Unterbrechungen oder mit welchen Lernzielen die Schulstunden besuchen kann.
„Dennoch bieten die kleinsten Klassen auch die Möglichkeit, sehr individuell zu fördern. Die Kinder und Jugendlichen haben so häufig positive Lernerfolge und die wiederum unterstützen auch die medizinische Behandlung“, gibt Konrektorin Mona Trausch einen Einblick. Damit dieser Prozess gelingen kann, brauche es, so Tobias Jost, nicht nur eine hohe Flexibilität, Empathie und das Engagement der Pädagogen. Es erfordere ein Netzwerk aus Therapeuten, Eltern, Schulamt und Schulträgern und den Lehrern der Heimatschulen. „Wir tauschen uns eng aus und arbeiten vertrauensvoll zusammen. Denn unser Ziel ist es, dem Schüler eine Brücke zu bauen – in ein Leben nach dem Klinikaufenthalt“, betont der Schulleiter.
Info:
Bis zu 146 Schülerinnen und Schüler werden in der St. Lioba-Schule mit ihren Standorten unterrichtet. Zum Team gehören 25 Lehrkräfte aller Schulformen, eine Sekretärin und ein Hausmeister. Im Durchschnitt verbringen die Kinder und Jugendlichen 3 bis 4 Monate in der St. Lioba-Schule.