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„Wjedds“ in Müs: Ursula Dohrmann rettete Denkmal vorm Verfall / um 1750 als Gasthaus mit Wohnung erbaut

Das ehemalige denkmalgeschützte Gasthaus „Wjedds“ in Müs: Ein Kleinod mit langer Geschichte im alten Ortskern Foto: G. Diener

„Grüne Insel“ mit Tanzsaal und Atelier

GROSSENLÜDER, 14.07.2020 - Fast 20 Jahre lang schlummerte das Fachwerkhaus in Großenlüder-Müs im Dornröschenschlaf, als Ursula Dohrmann es Anfang der 1980er Jahre entdeckte. Dank ihr ist das denkmalgeschützte Gebäude in der Mühlraingasse zu einem schmucken, bewohnbaren Kleinod geworden – bereit, die kommenden Jahrhunderte zu überdauern.

 

„Als ich das Anwesen gekauft habe, flogen nachts die Fledermäuse ein und aus“, erinnert sich Ursula Dohrmann mit einem Lächeln und fügt an: „Von 240 Quadratmetern war ein einziger Raum überhaupt beheizbar und hatte fließendes Wasser. Dafür gab es drei Klos auf dem Hof.“ Doch irgendetwas an diesem Haus fand sie reizvoll. So reizvoll, dass sie Berlin hinter sich ließ und nach Müs – für sie damals „Niemandsland“ – zog und blieb. Bis sie jedoch die Immobilie nach ihren Vorstellungen geformt und als Lebensmittelpunkt sowie Schaffensstätte für ihre Keramikkunst eingerichtet hatte, war es fast ein noch weiterer Weg. Bei den Arbeiten ließ sie sich gemeinsam mit ihrem verstorbenen Mann, der als reisender Zimmerer nach Müs kam und blieb, vom Motto leiten: „Lieber umsichtig und langsam aufbauen, statt schnell und unwiederbringlich wegreißen“, gibt die 62-Jährige einen Einblick und ergänzt: „Die Geschichte des Hauses bedeutet für mich zugleich auch Verantwortung.“

 

Die Tradition des Fleckens im alten Ortskern von Müs reicht weit in die Vergangenheit. „Schon in der Zeit des 30-jährigen Krieges, also zwischen 1618 und 1648, stand an dieser Stelle ein kleines Wirtshäuslein“, weiß Heimatforscher Helmut Gerk, der über Jahre recherchiert und Fakten über die Geschichte von Müs in einer Chronik zusammengetragen hat. Nach Ende des Krieges sei das Gebäude verfallen, das Grundstück ging in den Gemeindebesitz über. Um etwa 1750 wird das jetzige Haus erneut als Gasthaus mit Wohnung erbaut. 1840 erwarb Pächter David Post das Anwesen. Das Gasthaus mit Namen „Wjedds“, wie es auch heute noch in Müs genannt wird, erlebt eine erste Blütezeit. Nach dem Tod David Posts zieht seine Witwe in die zweite Gaststätte des Ortes, „Zur Krone“. Denn einer ihrer Söhne hatte in deren Betreiberfamilie eingeheiratet. Ein zweiter Sohn David Posts führte die Gaststätte in der Mühlraingasse 4 für kurze Zeit weiter. Dann übernimmt Familie Faust für die kommenden rund 120 Jahre das Geschäft, das jetzt unter dem Namen „Zum Hirsch“ florierte. Die eigene Schlachterei und Metzgerei hatte laut Helmut Gerk einen hervorragenden Ruf. Der Tanzsaal mit Empore und Bühne war für viele Generationen beliebter Treffpunkt und wurde zum kulturellen Zentrum. Um 1966 endet diese Ära – der letzte Wirt verstirbt, seine Nachfahren können nicht an diese Glanzzeit anknüpfen. Das Anwesen verfällt zusehends – bis Ursula Dohrmann es kauft und es auch baulich in die Neuzeit versetzt.

 

Dabei kam der Keramikkünstlerin ihr Faible fürs Arbeiten mit natürlichen Materialien zugute: „Wir haben viel mit Lehmbauweise experimentiert – in einer Zeit, in der dies noch nicht üblich war“, erzählt sie. Wasser- und Fußbodenheizungsanlagen wurden eingebaut, über die Jahre – auch mit finanzieller Unterstützung des Landkreises Fulda für denkmalgeschützte Häuser – die Fassaden und Fenster überarbeitet. Der geteerte Innenhof wurde zugunsten einer idyllischen Wiese unter Bäumen zurückgebaut. Das Hausinnere wuchs organisch und passte sich den Anforderungen der Besitzer an: In der ehemaligen Gaststätte hat das Atelier seinen Platz gefunden, im ehemaligen Metzgerladen zog das Wohnzimmer ein. Lediglich Scheune und ehemaliger Tanzsaal sind nicht umgebaut worden.

 

„Ich bin viel auf Töpfer- und Handwerkermärkten in ganz Deutschland unterwegs – dieses Haus ist für mich eine grüne Insel geworden, auf die ich immer wieder gerne zurückkehre“, schwärmt Ursula Dohrmann und ergänzt: „Ich sehe es als meine Aufgabe an, das Haus und seinen Wert zu erhalten.“ Ihm neues Leben einzuhauchen, wie einst, als hier getanzt und gefeiert wurde, das überlasse sie kommenden Generationen.

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