RHÖN, 24.05.18 – Zwischen Hoedspruit im Biosphärenreservat Kruger to Canyons (K2C) in Südafrika und Oberelsbach im Biosphärenreservat Rhön liegen rund 13.000 Kilometer. Während des einwöchigen Besuchs einer südafrikanischen Delegation in der Rhön schrumpfte diese Distanz nicht nur rein geografisch. Im fachlichen Austausch zeigten sich thematisch trotz aller Unterschiede zwischen den Regionen viele Gemeinsamkeiten.
Seit zehn Jahren besteht die Partnerschaft zwischen den beiden Biosphärenreservaten. Gegenseitige Besuche wie der im vergangenen Jahr auf südafrikanischem Boden und dieses Jahr in Deutschland sind allerdings etwas Besonderes: „Wir sind wirklich dankbar, dass wir diese Möglichkeit über eine Förderung des Bundesumweltministeriums erhalten haben, denn das gegenseitige Vertrauen zueinander ist in den vergangenen Jahren gewachsen, und dabei ist der persönliche Kontakt wesentlich“, betonen Marie-Tinka Uys, Leiterin der Delegation und der Biosphärenreservatsverwaltung K2C sowie Dr. Doris Pokorny, die in der Bayerischen Verwaltungsstelle für die internationalen Beziehungen zuständig ist.
Das Motto des Austauschs war die Umsetzung internationaler Ziele für UNESCO-Biosphärenreservate. Hierbei ging es um Themen wie Naturschutz in der Kulturlandschaft, Umweltschutz in der Industrie sowie Nutzung von Biomasse aus der Region für Strom und Wärme. Ein Thema stand jedoch besonders im Mittelpunkt: die Vermarktung regionaler Produkte am Beispiel der Dachmarke Rhön. Im Rahmen des eng getakteten Zeitplans besuchten die Gäste die unterschiedlichsten Mitgliedsbetriebe der Dachmarke – vom Rhönschafzüchter über die Hofbäckerei bis zum Hotel. Zwei Workshops, in die die Rhön GmbH und der Vorstand der Dachmarke Rhön eingebunden waren, beschäftigten sich zudem mit der Frage, wie ein regionales Gütesiegel aufgebaut und umgesetzt wird und welche Erfahrungen hierbei in der Rhön gemacht wurden. Diese Aspekte waren für die südafrikanischen Gäste von besonderem Interesse. Denn in ihrer Heimat müssen erst noch Möglichkeiten geschaffen werden, damit Produkte aus bäuerlicher Landwirtschaft an die Hotelbetriebe abgesetzt werden können. „Wir haben für unsere Region bereits ein ähnliches Konzept entwickelt und hoffen, es in ungefähr sechs Monaten umsetzen zu können“, gibt Marie-Tinka Uys einen Einblick, und die Wirtschaftswissenschaftlerin Kgomotso Regina Matthews ergänzt: „Was uns bislang fehlt, ist eine finanzielle Förderung – und unser Besuch hier hat uns gezeigt, dass man diese zwingend braucht.“
An einem ähnlichen Punkt, wie sich die Akteure derzeit befinden, habe man vor Gründung der Dachmarke Rhön ebenfalls gestanden, erläutert Dr. Doris Pokorny. „Unverzichtbar ist es, dass die fünf Landkreise im Rahmen der Wirtschaftsförderung unterstützen.“ Auch wenn in Südafrika andere Wege gegangen werden müssen, sind die Erfahrungen aus der Rhön wichtig für die konkrete Umsetzung einer Regionalmarke im K2C: „Um Menschen von einer Idee zu überzeugen, ist es besonders hilfreich, wenn man davon berichten kann, dass etwas in einem anderen Land sehr erfolgreich läuft. Es wirkt dann wie eine Art Katalysator“, bekräftigt Kgomotso Regina Matthews. Wie erfolgreich die Idee einer regionalen Wertschöpfungskette im Biosphärenreservat Rhön gelebt wird, davon konnte sich die fünfköpfige Delegation im direkten Kontakt mit den Menschen ein Bild machen: „Mich hat sehr beeindruckt, mit welcher Leidenschaft die Unternehmer gemeinsam agieren und mit wieviel Energie sie Herausforderungen meistern“, sagt Job Vusimuzi Tshabalala, Mitarbeiter in der Verwaltung des Biosphärenreservats des K2C.
Leidenschaft – die war für die Gäste offenbar auch in einer anderen Sache spürbar: bei der Übergabe des neuen Biosphären-Rahmenkonzeptes in Gersfeld an die Umweltminister von Hessen, Bayern und Thüringen. Dieses seitenstarke Werk enthält die Ergebnisse eines mehrjährigen Prozesses, der die Zukunftsideen für eine nachhaltige Entwicklung des Biosphärenreservats festschreibt. „Dieses Konzept ist ein wirklich großer Wurf“, denkt Delegationsleiterin Marie-Tinka Uys. Es sei bemerkenswert, dass so viele Menschen auf dem Weg zu diesem Ergebnis eingebunden gewesen seien und wie die unterschiedlichsten Gruppen – vom Landwirt bis zum Politiker – dabei an einem Strang gezogen hätten. Ihre deutsche Kollegin Dr. Doris Pokorny ergänzt: „Für uns ist dieses transparente und gemeinsam mit den Menschen in der Region durchlaufene Verfahren selbstverständlich. Dass es von außen betrachtet als besonders bewertet wird, zeigt, dass solche Meinungsbildungsprozesse längst nicht überall in dieser Form ablaufen.“
Die zukünftigen Schwerpunkte der südafrikanisch-deutschen Biosphären-Partnerschaft sind noch bewusst offen. „Als Biosphärenreservatsverwaltungen halten wir uns auf dem Laufenden“, erläutert Dr. Doris Pokorny. Wichtig sei die Weiterführung des Internationalen Jugendfreiwilligendienstes sowie der Schulpartnerschaft zwischen dem Martin-Pollich-Gymnasium in Mellrichstadt und der Southern Cross School in Hoedspruit. Ziel sei es auch, weitere Einsatzstellen für junge Leute in der K2C-Biosphärenreservatsverwaltung zu schaffen. Ihr südafrikanischer Kollege Job Vusimuzi Tshabalala unterstützt diesen Wunsch: „Es wäre so wichtig, noch mehr junge Menschen beider Länder für das Biosphärenreservat und eine Kooperation zu motivieren, damit sie ebenfalls – wie wir jetzt – voneinander lernen können.“