FULDA 19.01.2018 - Manchmal wird der Ton unter Geschwisterkindern lauter, geht über in Schubsen, Rempeln, Kneifen. Mitunter fliegen auch Spielsachen und gelegentlich Fäuste. In solchen Fällen werden Eltern mit der Erwartung konfrontiert, dem vermeintlichen Aggressor Einhalt zu gebieten, ihn als Schuldigen zu verurteilen und sogleich die eigene Unschuld zu bestätigen.
Kain und Abel - der Geschwisterkonflikt ist ein in der Menschheitsgeschichte bekanntes Phänomen. Aber Konflikte stehen im Widerspruch zum Ideal von einem liebenden und friedvollen Umgang in der Familie. Schnell drängt sich die Frage auf: Was haben die Eltern falsch gemacht? Diplom-Sozialpädagoge Reinhard Baumann von der Beratungsstelle für Eltern, Kinder und Jugendliche des Landkreises Fulda meint: Vermutlich wenig oder nichts!
Denn die Bandbreite geschwisterlicher Beziehungen ist groß. Liebe und Hass scheinen sich im Minutentakt abzuwechseln. Neutralität gibt es kaum. Niemand kann sich seinen Bruder, seine Schwester oder seine Rangfolge in der Geschwisterreihe aussuchen. Mit jedem Familienzuwachs ändert sich die Aufmerksamkeit der Eltern. Rivalität, Abneigung und Feindschaft gehören zum Alltag, sobald mehr als ein Kind mit Mutter und Vater aufwächst.
Natürlich gibt es auch das Gegenteil: Ein Zehnjähriger, der seine kleine Schwester vergöttert und um deren Zuneigung buhlt, ist ein Beispiel dafür. Die meisten Eltern berichten: „Die lieben und die hassen sich!“ Geschwisterkinder sind untereinander nicht nachtragend, aber auch nicht gleichgültig. Wehe, die Bedrohung kommt von außen. Dann halten die „Todfeinde“ wie Pech und Schwefel zusammen, gelegentlich sogar gegenüber den eigenen Eltern.
Auch wenn es die Eltern noch so nervt, Aggressionen unter Geschwistern haben für Kinder auch eine entwicklungsfördernde Funktion. Kinder lernen im geschützten Raum der Familie die eigene Stärken und Schwächen kennen, zu gewinnen und zu verlieren, können ihre Spannungen abbauen. „Kämpfen macht Spaß“, antworten kleine Jungen, wenn man sie fragt, warum sie streiten. Die Toleranz der streitenden Kinder ist weitaus größer als die der Erwachsenen.
Was können Eltern tun? Reinhard Baumann macht einige Vorschläge:
Greifen Sie erst ein, wenn die Kinder sich körperlich oder verbal verletzen oder Gegenstände zerstören
Vermeiden Sie lange Diskussionen, handeln Sie klar, trennen Sie die Streitenden und lassen Sie sich nicht in die Rolle des Richters drängen
Erst wenn die Emotionen bei Ihnen und Ihren Kindern abgeklungen sind, können Sie andere Konfliktlösungsstrategien besprechen
Stellen Sie Regeln auf, die für alle Kinder gelten
Vermeiden Sie, die Kinder zu vergleichen und eines als Vorbild für das andere zu nehmen
Machen Sie altersgemäße Unterschiede (z. B. Wer älter ist, darf auch länger aufbleiben)
- Schauen Sie mal in den Spiegel: Wie gehen Sie mit Konflikten um?
Geschwisterkonflikte klingen mit der zunehmenden Autonomieentwicklung der Kinder ab. Nach einer Zeit relativer Gleichgültigkeit werden Geschwister nicht selten „beste Freude“. Und am Ende des Lebens haben wir meist mit keinem Menschen eine längere Zeitspanne zusammenverbracht als mit unseren Geschwistern
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Beratungsstelle für Eltern, Kinder und Jugendliche
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