LÜTTER. Landwirtschaft und Naturschutz können gut zusammenarbeiten. Das zeigt ein neues Projekt im Landkreis Fulda. Um Insekten, Amphibien und andere Lebewesen zu schützen, hat der Landkreis Fulda einen landwirtschaftlichen Betrieb bei der Anschaffung eines Doppelmessermähwerks unterstützt. Die Mahd mit einem solchen Mähwerk ist insektenfreundlicher als die mit rotierendem Mähgerät. Die Bott Landwirtschafts GbR aus Lütter fungiert als Pilotbetrieb und soll ihre gemachten Erfahrungen mit anderen Landwirten teilen und ihnen Rede und Antwort zu diesem Mähwerk stehen.
Grünland ist einer der wertvollsten, von Menschen geschaffenen Lebensräume mit einer vielfältigen Artenkombination von Pflanzen und Tieren. „Daher ist der Erhalt einer hohen Biodiversität eines der Hauptziele des Naturschutzes“, erklärt Martin Seuring, Leiter des Fachdienstes Natur und Landschaft beim Landkreis Fulda. Gegenwärtig ist die über Jahrhunderte durch die Bewirtschaftung der Landwirte geschaffene Artenvielfalt durch Intensivierung stark bedroht. „Erhöhte Düngung, frühe und häufige Mahd führen zu einer Artenverarmung. Wer hat nicht schon vom „Insektensterben“ gehört?“, fügt Seuring hinzu.
Durch das verminderte Aufkommen an Insekten stehen zudem alle folgenden Glieder der Nahrungskette in der Natur unter Druck. Auch die heutigen Erntemethoden haben einen großen Einfluss auf das Insektenvorkommen.
Besonders die heute übliche Mahd mit rotierenden Mähgeräten wirkt sich aufgrund hoher Drehzahl sowie ihrer Sogwirkung negativ auf die Insektenwelt aus. Die regelmäßige Mahd an sich ist aber nicht nur notwendig, um die Kulturlandschaft zu erhalten und die Tiere auf den Bauernhöfen zu ernähren, sondern fördert auch die Vielfalt der Pflanzen und schafft somit Lebensraum für eine reiche Tierwelt.
Damit bei der notwendigen Mahd mehr Insekten und Amphibien in den Wiesen überleben, hat der Landkreis Fulda die Bott Landwirtschafts GbR als Pilotbetrieb bei der Anschaffung eines Doppelmessermähwerks unterstützt. Bei einem Doppelmessermähwerk wird das Gras glatt abgeschnitten und fällt im Ganzen breitflächig zurück auf die Wiese. Es entsteht weder ein Sog noch werden die Grashalme und Tiere durch das rotierende Mähwerk umhergeschleudert. „Die Bienen sitzen größtenteils nach dem Mähen noch auf den Pflanzen. Das ist einfach super“, sagt Landwirt Michael Bott. „Hinzu kommt, dass durch die Mahd mit dem Doppelmessermähwerk das Gras um einiges schneller trocknet, es sauberer ist und am Ende auch wieder schneller nachwächst.“
Für die Bott Landwirtschafts GbR als Pilotbetrieb hat sich der Landkreis Fulda aus fachlichen Gründen entschieden: Da Insekten meist kleine Lebensräume besetzen, kann eine positive Auswirkung eher festgestellt werden, wenn die gemähten Flächen auch in räumlicher Nähe zueinander liegen. Die bewirtschafteten Flächen der Bott Landwirtschafts GbR liegen gebündelt um die Ortschaften Lütter und Rönshausen.
Doch neben dem Engagement für den Schutz der Insekten und Kleintiere ist die Mahd mit dem Doppelmessermähwerk für die Landwirte mit mehr Arbeit und höheren Kosten verbunden. Die Messer des Mähwerks müssen regelmäßig geschliffen werden, „das kann nach 10 Hektar der Fall sein oder aber nach 30. Das kommt ganz auf die Beschaffenheit des Schnittgutes an. Sollte Erde in das Schneidwerk kommen, kann auch ganz schnell Schluss sein“, erklärt Martin Seuring. Zudem könne das Mähwerk verstopfen, da sich das abgeschnittene Gras aufstaue. „Aber diese Mehrarbeit nehmen wir gerne in Kauf“, sind sich die Brüder Michael und Andreas Bott einig. „Wir wollen dafür sorgen, dass die Insekten in unseren Wiesen überleben können. Sie sind ein wichtiger Baustein der Biodiversität.“
Mit der Unterstützung durch den Landkreis Fulda verpflichten sich die Landwirte, fünf Jahre lang mindestens 100 Hektar jährlich mit dem Doppelmessermähwerk zu bewirtschaften. Zudem stehen sie anderen Landwirt-Kollegen Rede und Antwort und teilen ihre Erfahrungen mit ihnen.
„Wir wollen vor allem sehen, wie der Einsatz im täglichen Betrieb funktioniert, ob solch ein Mähwerk für alle Flächen geeignet ist und eine praxistaugliche Alternative auch für andere Landwirte darstellt“, erklärt Seuring.
„Uns ist es wichtig, diese Erfahrungen beispielhaft mit unserem Pilotprojekt zu sammeln. Der Betrieb kann die Erfahrungen weitergeben und vielleicht sogar andere Landwirte dazu bewegen, sich ein solches Doppelmessermähwerk anzuschaffen. So können Landwirtschaft und Naturschutz Hand in Hand gehen“, resümiert Erster Kreisbeigeordneter Frederik Schmitt und hofft, dass sich der Einsatz des Mähwerks merklich auf das Vorkommen der Insekten auswirkt.