FULDA, 23.04.2018 - Geduld, Ausdauer und gute Nerven: Wer in der Zentralen Leitstelle Fulda Dienst tut, der muss einiges aushalten können. 140 Notrufe gehen im Durchschnitt jeden Tag dort ein. Und bei jedem Anruf heißt es, hochkonzentriert zuhören und gezielt fragen. Das beherrschen die 32 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Leitstellenteams – und dank der „Strukturierten Notrufabfrage“, entsprechender Software und Trainings nun noch effizienter. Fulda ist die dritte von insgesamt 25 hessischen Leitstellen, die dieses moderne System nutzt.
Die Anforderungen an die Arbeit in der Leitstelle haben sich rasant entwickelt. „Bei einem Anruf muss man sofort entscheiden und als Profi die richtigen Fragen stellen“, sagt Jürgen Bott, Leitung der Leitstelle. Schnell und detailliert muss sich der Einsatzbearbeiter ein Bild davon machen, was passiert ist, wie viele Menschen verletzt sind und welche Hilfe er aktivieren muss. „In dieser Situation kann man nicht darauf warten, dass uns der Notfallzeuge, wie wir den Anrufer nennen, das Geschehen berichtet. Wir stellen die Fragen, und das tun wir jetzt noch gezielter“, sagt Bott.
Unterstützt werden die Kolleginnen und Kollegen, die rund um die Uhr die Leitstelle besetzen, nun durch eine Software, die ihnen zum Beispiel hilft, auch im größten Stress keine wichtigen Fragen zu vergessen. Bei jedem Anruf öffnet sich ein Fragenkatalog, der sie durch das Gespräch führt. Zuerst werden Notfallort mit Adresse und die Rückrufnummer erfragt, falls das Telefonat abbricht. „Wir sehen zwar die Nummer im Display – aber wenn uns jemand von der Nebenstelle eines Unternehmens anruft und uns die Rufnummer der Zentrale angezeigt wird, kommen wir bei einem notwendigen Rückruf erst einmal nicht weiter“, gibt Lagedienstführer Thomas Steinbrucker zu bedenken.
Weiter geht es per Abfrageschema, das mit den ärztlichen Leitern des Rettungsdienstes Fulda abgestimmt ist, um medizinische Notfälle zu erkennen. „Früher endete das Telefonat oft damit, dass man dem Anrufer versicherte, dass die Kollegen kommen‘. Heute wollen wir die Chance nutzen, den Notfallzeugen zum Ersthelfer zu machen“, sagt Steinbrucker. Entsprechend führt die Software bei der Abfrage wie ein roter Faden zu den möglichen Maßnahmen, die der Anrufer am Notfallort anwenden kann – angeleitet durch den Experten in der Leitstelle. „Die Software kann im Fall einer Reanimation sogar den Takt der Herzdruckmassage vorgeben“, ergänzt Jürgen Bott, der zudem deutlich macht: „Dem Anrufer kommt das Telefonat möglicherweise länger vor. Das bedeutet aber nicht, dass die Feuerwehr- oder Rettungseinheiten erst verspätet losfahren. Die Einsatzkräfte werden sofort alarmiert, wenn Ort und Art des Notfalls bekannt sind.“ Der Einsatzbearbeiter erfragt unterdessen Fakten des Unglücks und bleibt im Zweifelsfall bis zum Eintreffen der Rettungskräfte mit dem Anrufer in Kontakt. „Wir unterstützen die Notfallzeugen in dieser Ausnahmesituation und vermitteln ihm, dass wir an seiner Seite und ein Team sind“, sagt Jürgen Bott.
Damit das auch bei Notrufen fremdsprachiger Anrufer funktioniert, bietet die Software Abfragekataloge in Lautschrift. Da heißt eine Frage dann etwa im Fall, dass der Anrufer Französisch spricht: „Wu truweh wu sür lohturut?, um zu erfahren, ob sich die Person auf einer Autobahn befindet. „Es ist wichtig, dass ein ausländischer Anrufer sofort merkt, dass er mit jemandem spricht, der seine Sprache nicht fließend beherrscht. Dann wird er konzentrierter auf die Ja-/Nein-Fragen antworten“, erläutert Thomas Steinbrucker.
Erster Kreisbeigeordneter Frederik Schmitt lobt „die hohe Motivation des gesamten Leitstellen-Teams. Die Arbeit ist enorm belastend, verantwortungsvoll, und sie dient in jedem Augenblick dem Wohl von uns allen. Dass wir die Aufgabe der fachlich und sozial überaus kompetenten Mannschaft unterstützen, ist wichtig – und wir tun es gern.“ Der Landkreis als Träger der Leitstelle hat die Software sowie die Notruf-Trainings mit rund 37.000 Euro finanziert.