PETERSBERG, 16.05.2018 - Achtung, fertig, los! Auf Kommando fliegen am Morgen auf dem Feld von Landwirt Matthias Sauer zwischen Horwieden und Margretenhaun Samenbomben durch die Luft. Dabei handelt es sich nicht etwa um ein militärisches Manöver, sondern um eine Aktion der Initiative „Bauernhof als Klassenzimmer“. Rund 70 Kinder der Keltenwallschule und die Vorschulklasse des Kindergartens von Margretenhaun sind zum Feld gekommen, um gemeinsam mit Herrn Sauer eine Blühwiese für Insekten anzulegen.
Matthias Sauer, selbst Vater eines Drittklässlers, ist schon seit 2001 Partnerbetrieb der Initiative und ist mit großer Begeisterung dabei. Für die Aktion hat er zwei Traktoren mitgebracht und die Erde schon etwas aufgelockert. Nachdem die Kinder ihre am Vortag selbst aus Matsch und Samen hergestellten Bomben losgeworden sind, fährt er mit dem Traktor über das Feld und arbeitet sie ein. Gleichzeitig bringt er noch eine zusätzliche Saatenmischung bestehend aus Ramtillkraut, Phacelia, Alexandrinerklee, Rauhafer und Sonnenblumen ein. Diese sei bei Insekten besonders beliebt, erklärt Christian Hartmann vom Kreisbauernverband, der ebenfalls Projektpartner von „Bauernhof als Klassenzimmer“ ist.
Als nächstes lädt Sauer einen großen Sack Sonnenblumenkerne von seinem Anhänger. Jedes Kind darf hineingreifen und sich eine Handvoll herausnehmen. Dann laufen sie alle in mehreren Reihen über das Feld und säen sie aus. Ein Highlight wartet aber noch auf die Kinder: Für die Klassenlehrerinnen der vier Schulklassen hat Sauer sich etwas Besonderes einfallen lassen. Diese sollen jeweils zu zweit auf dem anderen Traktor hinten Platz nehmen und mit Hilfe eines Kartoffellegegeräts die Knollen unter die Erde bringen. Die meisten der Kinder haben so etwas noch nie gesehen und feuern ihre Lehrerinnen vom Feldrand aus an. Im Herbst ist geplant, die Kartoffeln gemeinsam mit den Kindern zu ernten.
Zum Abschluss stellen die Kinder selbst gebastelte Schilder auf das Feld: „Insektenwiese“, „Beobachtungswiese“, „Blühwiese“ und „Umweltschule“ ist darauf zu lesen. Als solche lässt sich die Keltenwallschule derzeit bereits zum vierten Mal zertifizieren. Die Auszeichnung muss alle zwei Jahre aufgefrischt werden. In diesem Jahr hat sich die Schule die Themen „Artenvielfalt“ und „Mobilität“ vorgenommen, erklärt Lehrerin Mechthild Schmitt und sich dafür mit Matthias Sauer zusammengetan, der seine Ackerfläche aus Überzeugung zur Verfügung stellt: „Die Kinder können jetzt das ganze Jahr zu ihrem Feld kommen, den Blumen beim Wachsen zusehen und die Tiere beobachten, die sich auf ihnen niederlassen.“
„Bei Bauernhof als Klassenzimmer geht es darum, Kindern die Möglichkeit zu geben, Bauernhöfe als außerschulische Lernorte zu entdecken, ein realistisches Bild von der Landwirtschaft zu bekommen und gleichzeitig zu erfahren, wo unsere Lebensmittel herkommen“, erklärt Rieke Trittin, die die Initiative im Landkreis Fulda koordiniert. Kreisweit gibt es 25 Partnerbetriebe mit unterschiedlichen Schwerpunkten. „Für sein Engagement erhält jeder Landwirt pro Besuch einer Schulklasse 100 Euro, bei Kindertagesstätten 50 Euro. Außerdem stellt der Landkreis Projektordner bereit.“ Damit erhalten Betriebe, Lehrkräfte sowie Erzieherinnen und Erzieher zielgerichtete Informationen zur Vor- und Nachbereitung.
Das Projekt ist eine gemeinsame Initiative vom Hessischen Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, dem Hessischen Bauernverband und dem Hessischen Kultusministerium und seit 2001 fest im Landkreis Fulda verankert.