FULDA, 11.05.2018 - Eltern wollen ihren Kindern stets Neues bieten und ihnen die Nutzung ihrer Potenziale ermöglichen. Man findet daher ein überwältigendes Angebot an Spielzeugen, lehrreichen Filmen und Apps, die genau das leisten sollen. Was aber braucht ein Kind tatsächlich, und welches Lernspielzeug ist wirklich effektiv? Laut Marzena Kowalski-Zimmer von der Beratungsstelle für Eltern, Kinder und Jugendliche des Landkreises gibt die Hirnentwicklung Hinweise und hilft ein wenig, Werbeversprechen einzuordnen.
Das Großhirn wird durch eigene Erfahrungen geformt: Nur diejenigen Verknüpfungen, die in der konkreten Lebenswelt regelmäßig aktiviert werden, bleiben bestehen. Dazu brauchen Kinder Erfahrungen, die sie selbst machen – mit Dingen, die sie verstehen und gestalten können. Alltagsgegenstände beispielsweise sind leichter für Kinder begreifbar und gestaltbar als Filminhalte. Dort lernen Kinder bloß, dass Dinge einfach hinzunehmen sind, ohne hinterfragt zu werden.
Stattdessen sind es einfache motorische Tätigkeiten wie Singen, Balancieren oder Klettern, die eigene Körpererfahrungen ermöglichen. Diese bringen Kinder auch kognitiv weiter: Melodien müssen auswendig gelernt und punktgenau wiedergegeben werden. Hier fördern Kinder Feinmotorik und gegebenenfalls soziale Kompetenz. Ein Nebeneffekt: Gutes Körpergefühl erleichtert Studien zufolge etwa das abstrakte Denken.
Eltern können das Überangebot als Chance sehen, ihre Kinder zu lehren, den Unterschied zwischen Wünschen und echten Bedürfnissen zu erkennen. Kurzfristige Wünsche können aufgeschoben, grundsätzliche Bedürfnisse nach Geborgenheit, Liebe und Aufmerksamkeit sollen jedoch befriedigt werden, um Kinder selbstbewusst und eigenständig werden zu lassen.
Wenn sich aber jeder Wunsch wie ein Bedürfnis anfühlt, besteht bereits eine Herausforderung darin, die echten Bedürfnisse zu spüren und ausdrücken zu lernen. Denn dies ist aber für die Entwicklung eines selbständigen und kreativen Menschen wichtig.
Bleiben Bedürfnisse unerfüllt, stimulieren sie eher den Konsum von Ersatzbefriedigungen. Wenn Kleidung oder elektronische Gadgets allerdings Minderwertigkeitsgefühle vermindern sollen, kann ein ständiges Suchen nach Neuem entstehen, das abhängig macht. Die Folge sind oft unzufriedene Kinder und Eltern, die sich schwach fühlen, weil das Kind dennoch unzufrieden bleibt. Dies kann einerseits zum Verlust an Selbstwert und Selbstvertrauen führen, andererseits Schuldgefühle und Aggressionen auslösen.
Kinder mit schwachem Selbstbewusstsein sind wiederum empfänglicher für Versprechungen aus der Werbung, die sich stark an Grundbedürfnissen orientiert. Klar ist, Werbung soll zum Kauf animieren, und Kinder sind eine wichtige Zielgruppe, weil sie einen großen Einfluss auf das Kaufverhalten ihrer Eltern haben.
Es ist eine Aufgabe der Eltern, diesen Einfluss zu vermindern. Am besten geschieht dies, lange bevor Gruppendruck von Gleichaltrigen oder die Werbung ihren Beitrag zum Konsumverhalten der Kinder leisten, indem sie selbst als Vorbilder auftreten.
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