Regionalbewusst bauen und leben: Wettbewerb 2021
Die Gewinner stehen fest: Fünf regionaltypische Häuser und fünf Gärten sind als Gewinner des Wettbewerbs „Regionalbewusst bauen und leben“ ausgezeichnet worden. Die Gewinner werden in Kürze benachrichtigt und anschließend bekanntgegeben.
Einen Pressebericht zum Wettbewerb finden Sie hier.
Eigentümergemeinschaft Eichzagel 15
Den Petersberger Gebäudekomplex hat die Eigentümergemeinschaft Eichzagel 15 in Zusammenarbeit mit dem Architekturbüro Krüger errichtet. Entstanden sind drei nebeneinanderstehende Gebäude. „Uns hat besonders das verdichtete Wohnen beeindruckt. Obwohl die drei Häuser relativ eng beieinanderstehen, sind die elf Wohnungen sehr individuell gestaltet“, erläutert Jurymitglied Jürgen Simon vom Fachdienst Regionalentwicklung. Regionaltypisch sind vor allem die Holzfassaden und die geringen Dachüberstände. „Allgemein fügen sie sich sehr gut ins Gelände ein und sind auf die Gegebenheiten der Natur abgestimmt“, so Simon. Die Eigentümergemeinschaft hat zudem großen Wert auf nachhaltige und regionale Baustoffe gelegt und Firmen aus der Region mit der Durchführung beauftragt. Mit der lockeren Setzung und dem Abstand zum Nachbarn erhält jedes der drei Gebäude eine eigene Identität und fügt sich dennoch harmonisch als Teil des Ensembles ein. Die frei bespielbaren Gemeinschaftsflächen zwischen den Häusern dienen als Treffpunkt und Rückzugsraum. Zusammenfassend steht dieses Projekt stellvertretend dafür, dass ein kleines Budget eine Architektur mit nachhaltigen Materialien und einer hohen Wohnqualität für Bewohner sich nicht ausschließen. „Ein echtes Vorzeigeprojekt“, ist sich die Jury des Wettbewerbs einig.
Familie Mollenhauer aus Petersberg-Steinau
Der Neubau der Familie Mollenhauer befindet sich im Außenbereich von Steinau am Rand des Weilers Kaltenhof in Hanglage. „Familie Mollenhauer gießt, mit viel Eigenleistung und Herzblut, ihr Regionalbewusstsein in zwei Kuben mit unterschiedlichen Firstrichtungen und Firsthöhen und lehnt sich damit an die kleinteilige dörfliche Erscheinung an“, erläutert Jurymitglied Jürgen Simon vom Fachdienst Regionalentwicklung. Erdgeschoss und Obergeschoss sind in Holzrahmenbauweise gefertigt. Die Fassade wurde in Eigenleistung vertikal mit Lärche verkleidet.
Das Dach ist mit einem roten Doppelmuldenziegel gedeckt, wie er für die Region typisch und noch auf vielen Landwirtschaftsgebäuden zu sehen ist. Der Dachüberstand ist landschaftstypisch minimal gehalten, auch um eine gleichmäßige Verwitterung der Fassade zu begünstigen.
„Regionales Bauen in seiner reinsten Form – vor allem durch den klaren gradlinigen Baukörper“, urteilen die Jurymitglieder Jürgen Simon und David Körper. „Die Wahl der Materialien ist konsequent: Tonziegel, Holzfenster, Zellulosedämmung, Holzfaserplatten und Linoleumböden sind nachhaltig, ökologisch und energieeffizient.“
Die Jury bewertet das Gebäude als selbstbewusstes Bekenntnis zur Region, mit einer attraktiven Nachhaltigkeit, die weit über Energieeffizienz und die bloße Verwendung von ökologischen Baustoffe hinausreicht.
Carsten Wienröder aus Eichenzell
Die stolze Hofanlage von Carsten Wienröder steht im steilen Gelände am Ortsrand von Eichenzell. „Der Zahn der Zeit, der unübersehbar am Haus genagt hat, sowie naturrote Tonziegel, die wir eigentlich nur von historischen Gebäuden kennen, deuten auf eine Bestandsimmobilie hin, die Art der Holzverkleidung und kleinere andere Details lassen andere Schlüsse zu“, erläutern Simon und Körper. Beide waren sich aber sofort einig: Hier hat der Ort die Hofanlage bestimmt und gerade daraus haben sich ganz unterschiedliche Aufenthaltsqualitäten ergeben. Zum einen gibt es die sich zum öffentlichen Raum - dem Ortskern - hinwendende Hoffläche. Zum anderen gibt es die höher gelegene Ebene, die sich nahezu übergangslos zur Landschaft hin öffnet.
Durch die Verwendung von Tonziegeln, Flachsdämmung und einer Lärchenschalung mit der der Ziegelbau verkleidet ist, macht der fast 30 Jahre alte Neubau auch heute noch eine gute Figur in Sachen Ökologie.
Die von der Jury positiv bewerteten regionalen Merkmale sind vor allem der schonende Umgang mit dem natürlichen Gelände. Die reduzierte Versiegelung der Freiflächen und die ortstypische Gesamterscheinung des Ensembles runden den positiven Eindruck stimmig ab.
Eigentümergemeinschaft Thomas/Thümmler Mackenzell
Das historische Mühlengebäude der Eigentümergemeinschaft Thomas/Thümmler wurde um 1600 von Fürstabt Johannes von Schwalbach erbaut und hat in seiner Geschichte mehrere Brände und andere Schäden erlitten. Seit 2000 ist die Herrenmühle im Besitz der Familien Thomas und Thümmler. In einer zweijährigen Sanierung wurde das stattliche Bauwerk denkmalschutzgerecht instandgesetzt.
Das Besondere an der Instandsetzung ist, dass sich die Eigentümer auf das Konzept der konservierenden Sicherung und behutsamen Instandsetzung verständigten, um erhöhte Kosten und aufwendige Eingriffe zu vermeiden: Beispielsweise wurden Holzböden im Bereich des heutigen Ingenieurbüros aufgrund ihrer Schäden und Verformungen nicht durch neue ebene und pflegeleichte Fußböden ersetzt, sondern lediglich ausgebessert.
Dieser Philosophie getreu folgend finden sich überall im Gebäude Beispiele dafür, dass eine bestandsnahe Überarbeitung einem modernen Wohnen nicht entgegenstehen muss. Teile der Mühlentechnik, die die statische Konstruktion oder die funktionalen Anforderungen an die Grundrisse nicht störten, wurden kurzerhand integriert und finden heute teilweise eine neue Nutzung. In der Herrenmühle befinden sich heute zwei Wohnungen und ein Büro-Komplex.
Dr. Hölper aus Dipperz
Am Ortsrand von Dipperz hat Dr. Hölper eine Wohnhausbebauung mit drei Wohngebäuden, einer Arztpraxis sowie einer Garage mit vier Stellplätzen errichtet. Die drei Wohngebäude sind als Einfamilienhäuser errichtet worden.
Die Gebäudegruppe ist schon von weitem zu sehen und wirkt wie eine aufgelockerte innerörtliche Ansiedlung von Einfamilienhäusern. Das liegt zum einen an den gut gewählten dörflichen Proportionen und nicht zuletzt an den zur Straße hin ausgerichteten Giebel. Durch die dezente Staffelung der Baukörper sowie den harmonischen Materialmix von weißem Außenputz, roten Ziegeln und Holzverkleidung ordnet sich die Gruppe wohltuend in den Ort ein.
„Es ist der Verzicht und der damit einhergehende Werterhalt, mit dem die Architektur uns an unsere Wurzeln erinnert. Gleichzeitig aber geben die „Reihenhäuser“ auch einen Fingerzeig in eine nachhaltige ressourcenschonende Zukunft, die ohne gebaute Statussymbole auskommt und durch Verdichtung mit Augenmaß wieder für ein Stück mehr „Miteinander wohnen“ wirbt“, urteilt die Jury.
Eheleute Möller aus Niederkalbach
Der erste ausgezeichnete Garten gehört Renate und Reinhold Möller aus Niederkalbach. Ihr Grundstück liegt am Rand der zentralen Ortslage, nach Norden beginnt die freie Landschaft. „Die Besonderheit dieses Gartens ist, dass das Grundstück als intensive Landwirtschaftsstelle betrieben wird“, erläutert Jurymitglied und Landschaftsarchitekt Ulrich Gropp. Eine große Linde dominiert die Hofanlage, die Nebengebäude sind mit viel Aufwand und mit schönen Details wie Bänken, Töpfen, Laternen und Skulpturen dekoriert, ohne dass die Dekoration überladen wirkt. An allen Gebäudefassaden wächst zudem in Form gehaltener Wilder Wein.
Im hinteren Teil des Gartens lädt ein schön gestalteter Nutz- und Ziergarten mit weiteren dekorativen Elementen und gut gepflegten Pflanzungen zum Verweilen ein. Die Wege sind mit Granit-Natursteinpflaster befestigt. Der Übergang in die freie Landschaft ist fließend.
Auch die Abstellflächen für Maschinen und Geräte sind gepflegt und gestaltet und werden so Bestandteil der Gesamtanlage. „Insgesamt ein sehr schönes und angenehmes Beispiel für eine landwirtschaftliche Hofanlage in einer Ortslage“, so Gropp abschließend.
Familie Ries in Soisdorf
Der zweite ausgezeichnete Garten gehört der Familie Ries und liegt am nördlichen Rand der Ortslage von Soisdorf im Übergang zur freien Landschaft an zwei Seiten. Das Haus – ein Neubau aus dem Jahr 1992 – kann als zurückhaltende Bauform und angemessen im örtlichen Zusammenhang genannt werden. Der Eingangsbereich ist klar gegliedert mit einzelnen, nicht dominierenden Gehölzen und einem bunten Staudenbeet.
„Bis in den hinteren Gartenbereich hinein sind niedrige und geschnittene Hainbuchenhecken als gliedernde Elemente vorhanden. Bis tief in den Garten hinein finden sich gut gepflegte Obstbäume. Ein kleiner Gemüsegarten ergänzt offensichtlich die Eigenversorgung der Eigentümer“, beschreibt Jurymitglied und Landschaftsarchitekt Ulrich Gropp den Garten.
Die Wege sind durchweg mit Granitpflaster befestigt. „Ein schön gestaltetes Unterstellhaus mit Sitzgelegenheit wirkt sehr einladend“, fügt Gropp hinzu. Am Gebäude ist ein kleiner Stahlbalkon mit Wendeltreppe in den Garten die Verknüpfung des Hauses mit dem Garten. Ein weiteres Highlight: Der hintere Teil des Gartens geht in eine Obstwiese und danach in die freie Landschaft über. Auch dieser Übergang ist sehr gepflegt.
Allgemein verbindet der Garten alle Aspekte der Gartennutzung spielend miteinander: Neben sonnigen Flächen finden sich Flächen für Obst und Gemüseanbau, die im nächsten Moment in kleine Rückzugsbereiche auslaufen.
Familie Schäfer-Elflein aus Dietershausen
Gewinnergarten Nummer drei gehört der Familie Schäfer-Elflein. Die Freiflächen der Hofanlage sind schon aus der Ferne Belege für die unermüdliche Pflege und Kreativität der Bewohner.
Besonders beeindruckt hat Jurymitglied und Landschaftsarchitekt Volker Kimpel das neu verlegte alte Hofpflaster: Es neigt und hebt sich, um jede Nutzung einzubinden. „Sogar der Regenwasserablauf darf seinen schlängelnden Weg wieder quer über den Hof einnehmen. Ein wunderschön gestaltetes Detail und dazu noch wartungsarm“, erläutert Kimpel. Die Pflasterfläche ist nicht nur schön, sondern auch ein schönes Beispiel für die Wiederverwendbarkeit von heimischen Materialien. „Regionalbewusst durch und durch“, urteilt die Jury.
Der Bauerngarten der Familie dient zur Selbstversorgung. Bei der Bepflanzung wird auf eine regionaltypische Auswahl an Obst und Gemüse ebenso Wert gelegt wie auf eine bienen- und insektenfreundliche Pflanzenauswahl. Zudem finden sich historische Rosenarten im Garten der Familie wieder. Der Bereich des Nutzgartens ist nach altem Vorbild gestaltet: Die Wege sind in Form von Kreuzachsen angelegt und der Mittelpunkt ist ein Rondell mit einer historischen Rose.
Familie Traud aus Pilgerzell
Gewinner-Garten Nummer vier gehört Familie Traud. Die beiden Wohnhäuser der beiden Familien könnten unterschiedlicher nicht sein: Das eine ist ein Neubau aus Holz, das andere – ein Bestandsgebäude – gibt sich durch die sanierte Backstein-Fassade als Massivbau zu erkennen. Was aber beide verbindet ist die Nachhaltigkeit, die Ökologie und ... der dazwischenliegende Garten. Der Garten mitten in der Ortslage von Pilgerzell weist eine starke Hanglage auf. Diese ist aber nicht etwa mittels moderner Betonbauteile in Form und rechte Winkel gebracht worden, um bequem vom einen Haus zum anderen zu gelangen.
„Diese bunte Kleinteiligkeit des strukturreichen Gartens und die vielen Orte, die zum Verweilen einladen, um den vielen Details und Nutzungen Aufmerksamkeit zu schenken, ist das Besondere und Außergewöhnliche“, erläutert Jurymitglied und Landschaftsarchitekt Volker Kimpel.
Ein besonderes Merkmal des Gartens ist die große Vielfalt an heimischen Pflanzen und Gehölzen. Zudem ist die dem Haus vorgelagerte Holzveranda ein fließend gestalteter Übergang zum Inneren des Gebäudes und verbindendes Element zwischen Garten und Wohnhaus. „Die Eigentümer zeigen uns zwei Dinge: Zum einen, dass ein regionalbewusst angelegter Garten nicht groß sein muss und zum anderen, dass Garten und Haus nicht zwangsläufig zwei getrennte, für sich stehende Lebensräume sind, sondern durchaus zu einem Ganzen verschmelzen können“, so die Jury.
Frank Schubert in Poppenhausen
Frank Schubert kann, ohne sein 630m² großes Grundstück in Poppenhausen zu verlassen, auf den Pferdskopf, die Eube, den Wachtküppel und das gesamte Rhönvorland in Richtung Fulda und Neuhof blicken.
Der Garten ist teils naturbelassen und teils gestaltet. Die Randbereiche gehen übergangslos in die freie Landschaft über, eine Grenze nach außen ist nicht wirklich erkennbar. Innerhalb des Gartens dominieren ein ausgewachsener Obstbaum und mehrere aufgesetzte Steinhügel die Gestaltung. Die Terrasse ist aus Holz gebaut, mit Holzmöbeln und kleinen künstlerischen Elementen ausgestattet.
Der Jury ist sich sicher, dass sich der Eigentümer der Verantwortung bewusst ist, an einem so exponierten Standort, im Herzen der hessischen Rhön, verantwortungsvoll mit dem Boden umzugehen. Auch der vorgefundenen Natur auf dem eigenen Grundstück wird hier Raum gegeben: Natürliche Materialien sind kein Abfall, sondern wertiger Naturbaustoff. Das zeigt der Jury deutlich den Gestaltungswillen, aber auch den Respekt des Eigentümers vor dem Ort.
Sonderpreis Gemeinden und Bilanz des Wettbewerbs
Eine besondere Würdigung im Rahmen des Wettbewerbs „Regional bauen & leben“ erhalten drei Kommunen, die an dem Wettbewerb teilgenommen haben: Hosenfeld, Petersberg und Poppenhausen.
„Auch Gemeinden zeigen Regionalbewusstsein, was uns ganz besonders gefreut hat“, erklärt die Jury. Damit geht die Hoffnung einher, dass ein Regionalbewusstsein auch verstärkt in Bebauungsplänen Eingang finden wird – weniger durch eine größere Regelungsdichte, als vielmehr durch die Einarbeitung von verbindlichen regionalen Nachhaltigkeitsstrategien der jeweiligen Kommune.
Namentlich erwähnt seien in diesem Zusammenhang, die Gemeinden Petersberg, Poppenhausen und Hosenfeld. Letztere hat auf einen Rathaus-Neubau verzichtet und zieht in ein durchaus regionalbewusst umgebautes Gebäude im Ortskern. Den Umzug in das leerstehende Gebäude nicht als Notlösung zu betrachten, sondern als Chance, ist nachhaltig, ressourcenschonend und damit gelebtes Regionalbewusstsein.
Die Gemeinde Petersberg hat mit dem Kindergarten „Zipfelmütze“ bewiesen, dass man mit der Wahl des richtigen Grundstücks und einer regionalbewussten Farb- und Materialwahl auch großflächige Gebäude gut an die Ortslage anbinden und etwas Schönes schaffen kann, ohne sich extravaganter Formen zu bedienen. Dies ist auch in der Gemeinde Poppenhausen am Zeltplatz Struth so umgesetzt worden.
Bilanz des Wettbewerbs
„Wir freuen uns sehr, dass 37 Eigentümer von regionalbewussten Gärten und Gebäuden sich am Wettbewerb beteiligt haben“, so die Jury. „Gewonnen haben eigentlich alle – jede und jeder auf seine Art.“ Die einen haben gewonnen, indem sie sich bestätigt sehen in ihrem Tun, andere, weil sie vielleicht Ideen oder Anregungen bekommen haben oder vielleicht Lust bekommen haben dem Thema Regionalbewusstsein in ihrem Leben künftig mehr Gewicht zu geben, unabhängig vom eigenen Haus oder Garten.
Und nicht zuletzt haben auch die Juroren gewonnen. „Durch viele Begehungen und durch die intensive Auseinandersetzung mit den individuellen Gebäuden und Gärten ist ‚Regionalbewusstsein‘ auch für uns wieder ein Stück greifbarer geworden und raumgreifender in seiner Auswirkung auf unser aller Zusammenleben“, blickt die Jury zurück.
Bei der Bewertung der Wettbewerbsbeiträge wurde für Laien wie auch für Fachleute schnell klar, dass es bei dem Wettbewerb nicht darum ging, das zu 100 Prozent perfekt regionale Objekt zu finden, sondern vielmehr die Fülle der Möglichkeiten aufzuzeigen und die Erkenntnis zu erlangen, dass eine gelebte Regionalität sich nicht nur weiterentwickeln kann, sondern muss, um z.B. auf neue Wohn-, Arbeitsformen und Gesellschaftsströmungen zu reagieren.
Dabei kann jeder und jede nach seinen Möglichkeiten einen Beitrag leisten, sei es durch die naturnahe Anpflanzung und Pflege einer öffentlichen Fläche im Ort oder durch die Bereitschaft, trotz eines Mehrpreises, dem regionale Produkte vor Ort den Vorrang zu geben oder einfach durch mehr Achtsamkeit mit er Natur.
Von der Metzgerei zum Rathaus: Bauprojekt in Hosenfeld gewinnt Nachhaltigkeits-Wettbewerb (Artikel Fuldaer Zeitung vom 21.03.2022)
Von Marcus Lotz
Nachhaltig und ressourcenschonend bauen – diesen Gedanken sieht der Landkreis Fulda mit dem Bau des neuen Rathauses in Hosenfeld verwirklicht. Das Projekt ist einer der Gewinner des Wettbewerbs „Regional bauen &leben“.
Eigentlich, räumt Bürgermeister Peter Malolepszy (CDU) scherzhaft ein, hätte er schon gerne noch einen Zapfhahn und eine Wursttheke im Eingangsbereich des Rathauses einbauen lassen – als Erinnerung an die bewegte Vergangenheit des Gebäudes. Denn die ist lang, wie der in Hosenfeld geborene Rathauschef weiß: Etliche Jahre beherbergte das ehemalige Brähler-Areal eine Gastwirtschaft und eine Metzgerei. Auch Vereine tagten hier früher in einem kleinen Versammlungssaal.
Seit Oktober befindet sich dort das Bürgerbüro und die Gemeindeverwaltung samt dem Büro des Rathauschefs. Direkt angrenzend befindet sich die Seniorentagespflege Heimatliebe. „Dieses Gebäude hat Geschichte, es hat Tradition, und hat mich im Leben begleitet. Ich bin damit groß geworden. Es war das Vereinslokal des Fußballvereins, wir haben hier eingekauft, man hat sich ausgetauscht. Hier fand die ganze Fastnacht statt. Hier hängt auch mein Herz ein bisschen dran“, erzählt Malolepszy.
Fulda: Von der Metzgerei zum Rathaus - Nachhaltigkeits-Preis für Bauprojekt
Bei der Verleihung der Plakette des Landkreises Fulda möchte sich der Hausherr dann aber gar nicht in den Vordergrund drängen: „Ich stelle heute eigentlich nur die Räumlichkeiten zur Verfügung.“ Denn die Gemeinde hat diese nur gemietet, Eigentümer der Immobilie ist die Bauherrengemeinschaft Heiko Merz & Manuel Habicht.
Zusammengekommen war man, weil die Investoren auf der Suche nach einer Idee für die Nutzung des Areals waren und die Gemeinde wiederum in einem stark renovierungsbedürftigen Rathaus arbeitete, welches überdies zu klein für den wachsenden Verwaltungsapparat geworden war. Der Architekt Martin Ruppel brachte beide Parteien schließlich zusammen und das Projekt nahm Gestalt an. Ein Glücksfall, wie bei der Verleihung alle Seiten betonen. „Was wäre ansonsten mit dem Gebäude passiert?“, fragt Malolepszy und schließt an: „Es wäre verfallen. Es wäre ein Schandfleck geworden.“
„Das ist ein schicker Bau geworden“, befindet Jürgen Simon vom Fachdienst Regionalentwicklung des Landkreises. Er war Mitglied der Jury, welche die Gewinner des Wettbewerbs ermittelte. Dass die Gemeinde auf einen Rathaus-Neubau verzichtet und stattdessen ein Gebäude im Ortskern bezogen hat, sei nachhaltig, ressourcenschonend und damit gelebtes Regionalbewusstsein, heißt es vonseiten des Landkreises.
Hosenfelder Rathaus mit moderner Inneneinrichtung
Das zeigte sich auch bei einem kurzen Rundgang durch das Innenleben des Gebäudekörpers: Helle Räume, eine moderne Inneneinrichtung, eine schnörkellose, effiziente Architektur. Was den Fachmann des Landkreises besonders freut: „Das ist nicht der typische Neubau auf der grünen Wiese. Hier wurden die vorhandenen Materialien sehr gut verwendet und ein Gebäude direkt im Ortskern einer sinnvollen Nutzung zugeführt.“ Dieses Vorgehen werde die Zukunft sein, ist sich Simon sicher: „Wir werden es uns nicht mehr leisten können, alles neu zu kaufen und irgendwann wegzuschmeißen. Wir werden so viel wie möglich wiederverwenden müssen. Das ist hier passiert und deshalb ist dieser Bau für uns ein lobenswertes Projekt.“
Die Wiederverwendung vieler Materialien freut auch den Bürgermeister: „Im Bereich der Tagespflege haben wir die alten Holzelemente noch verbaut. Jedes Mal, wenn man da reinkommt, lebt die Geschichte dieses Gebäudes wieder auf. Die Leute, die dort betreut werden, kennen das ja noch so und freuen sich immer wieder darüber.“